22. April 2013

Versteckt sein.

Originalbild: Plasticknife
Das Lachen der Kinder ist unüberhörbar. Sie zählen laut bis zehn, rennen los und suchen jeden Winkel ab. Sie hat als Kind gerne Verstecken gespielt, hat sich die besten Schlupflöcher ausgesucht und wurde immer als Letzte gefunden. Das Spiel ging weiter, doch mit den Jahren wurde sie mit der Wahl ihrer Verstecke nachlässiger. Gefunden wurde sie immer. Und häufig von Menschen, von denen sie nicht aufgespürt werden wollte. Sie waren plötzlich da, in ihrem Refugium und zerrten sie aus diesem Ort. Einem sicheren Ort. Einem ruhigen Ort. Sie ging mit in eine Welt, die nicht die ihre war. Sie lebte an Orten, an denen sie sich nicht zu Hause fühlte. Und sie war in Gesellschaft von Menschen, die ihr fremd waren; und immer blieben. Eines Tages gab sie das Spiel, das den Charakter eines solchen schon vor Jahren verloren hat, auf. Sie wurde ohnehin gefunden. Und schliesslich hatte sie irgendwann einen Ort gefunden, den sie mochte, der beinahe ein zu Hause geworden wäre. Beinahe. Sie hatte sich getäuscht. Die Tage vergingen und die Erinnerungen an die endlosen Stunden unter ihrem Bett kamen zurück. Auch sein Lachen versiegte irgendwann. Auch seine Stimme wurde immer lauter. Und seine Hände immer grober. Sie ging ohne ein Wort. Sie wollte ihre Kindheit nicht noch einmal erleben. Nicht noch einmal die Schläge spüren. Nicht noch einmal Schmerzen erfahren, die Missachtung und Unterdrückung hinterliessen. Dieses Mal suchte sie sich ein todsicheres Versteck. Einige Zeit wurde sie noch gesucht, doch bald wurde die Suche aufgegeben. Niemand machte sich mehr die Mühe, niemand war mehr daran interessiert, sie ausfindig zu machen. Sie blieb dort. Einsam. Leer. Leblos. 

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