17. Juli 2012

Verregnet sein.

Originalbild: H. Laukota
Sommerferien in Kombination mit Kälte und Regen ist nicht jedermanns Sache. Meine jedenfalls überhaupt nicht. Erst recht nicht, wenn ich dafür um die 2000 km weit fliege, mir äxtra noch Sommerkleider kaufe, ich mich aufs Bikinitragen freue und meine Beine mit Wachs entferne, also nicht die Beine, die sind imfall noch dran. Ehrewort. Eine Niederschlagsärmere Gegend oder eine Destination weiter südlich wäre unter Umständen bitz klüger, aber ich möchte halt da rauf und klüger war ich noch nie.
Und als ob das alles nicht genug Salz in die Wunde gestreut wäre, gibt es Firmen, die einem noch solche Zeilen vorsetzen:


«Schlechtes Wetter ist gleich viel besser zu etragen, wenn man sich darauf vorbereiten kann. Auch deshalb gibt es auf Zoover die 14-Tage Wettervorhersage für...».

Salz in die Wunde zu streuen mag vielleicht Entzündungen hemmen, aber es tut trotzdem schampar weh. Ich mag Zynismus. Strikte verboten ist dieser aber beim Gewicht, im Zusammenhang mit der Frisur und eben auch bei schlechtem Wetter in den Ferien. Von all den wichtigen Dingen ganz zu schweige
n. Und sowieso. Wenn, dann sollen die doch gleich noch den Direktvergleich mit der Wetterlage von zu Hause machen. Dann sieht man wenigstens gleich, dass sich die Reise absolut nicht lohnen wird und man Daheim mit Sonnenschein und warmen Temperaturen verwöhnt würde.
Auch wenn der Zweckoptimismus hier irgendwie zum Scheitern verurteilt ist: Der Bikini kommt mit. Wasser gibts bestimmt. In Mengen. Und von allen Himmelsrichtungen. Schöne Ferien.

13. Juli 2012

In meinen Gedanken sein.

14.7.2008
Ein Datum. Einige Zahlen, die daran erinnern, das die Zeit nicht stehen bleibt. Und sie vergegenwärtigen, dass vier Jahre eine gefühlte Unendlichkeit sein können. Erinnerungen, Bilder und Gerüche verblassen immer mehr.
Vor vier Jahren war er da, der endgültige Abschied. Die Trauer der vielen schmerzlichen Abschiede zuvor bündelten sich an diesem Tag und wollte ausgelebt werden, ihren Weg nach draussen suchen. Doch verabschiedet haben wir uns schon lange zuvor. Verabschiedet von einem Menschen, seiner Persönlichkeit, seinem Leben. Geblieben ist nur eine beinahe leere Hülle.
Was hätte ich damals für ein Lachen, ein Weinen oder ein Wort gegeben. Viel. Alles.
Aber mit dem damaligen Tag änderte auch dies. Für einen Moment war alles wieder da. Ein kurzer Moment. Der Moment, bevor alles ging. Du gegangen bist.

11. Juli 2012

Weise sein.

Die Günstigwochen lassen auf meiner Habenseite selten einen Eintrag verbuchen. Ausverkauf ist anstrengend. So schreitete ich heute auch ohne mit den Wimpern zu zucken an den rotbeschilderten Schaufenster vorbei. Vor mir gingen zwei alte, nicht ältere, Damen.
«Es gibt wirklich keinen Ausverkauf mehr», bekundete die eine.
Ich verstand nicht. Schrieb ihre Bemerkung dem Alter zu. Schliesslich hapert es ja an der Kasse amigs auch, wenn das Kleingeld gezählt werden muss und der Zug bereits am 500 Meter entfernten Bahnhof einrollt. Der Gedankengang der alten Dame war jedoch noch nicht zu Ende gesprochen.
«Heute ist alles nur noch Sale. Vier Buchstaben sind wohl günstiger.»
Ehrfurcht machte sich breit. Ich spürte sie in jeder Faser meines Körpers. Ein Lächeln.
Alte Damen mit Humor sind wunderbar. Möchte ich auch. Und vielleicht sollten die Damen und Herren in Führungspositionen vor der nächsten Reorganisation des Unternehmens ihre Retraite mal ein Seniorenheim abhalten.
Ein Hoch auf das Alter.

9. Juli 2012

Wortreich sein.

Die Lektüre liegt auf meinen Beinen. Der Schlüssel zum Sicherheitsschloss ist schon vor Jahren verschwunden. Ich beginne ein Spiel, blättere im Buch und öffne auf einer beliebigen Seite. Ich suche das «G-Wort». Es steht da, in grossen Lettern. Es steht auch auf der nächsten und auf der vorangegangenen Seite. Meine alten Tagebücher haben zweifelsohne eine hohe Frequenz an «Geil», sie zu berechnen wäre müssig. Aber es steht oft da. Und es wird für alles missbraucht. Für Turn- und Handarbeitsstunden, für die Männer, die damals noch Jungs waren, für neue Uhren, erste Küsse, zweite Küsse, neue Jungs, neue Erfahrungen. Einfach alles ist geil. Und was nicht geil war, wurde geil gemacht. So war das nämlich.
Wann mir dieses Wort abhanden und abmunden gekommen ist, bleibt ein Rätsel. Irgendwann, wohl über Nacht, machte es Platz für andere beschreibende Worte wie wunderbar. Eben erwachsenenkonform. 
Worte, Wortgewandtheit und Wortschatz haben sich geändert. Es wird umschrieben und mit Worten Bilder an die Wand gemalt. Amigs wissen wir nicht mehr, was der andere mit seinem Satzgefügen meint. Vorbei ist die Zeit der einfachen, klaren, unmissverständlichen Sprache.
Geil war die Zeit.
Sie war schampar emotional. Der Herzschmerz war noch so jungfräulich und die Folge, der Liebestod, war eine todsichere Sache.
Sie war äusserst wechselhaft. Allerhöchstens zehn Seiten wurden mit demselben Namen geziert. Manchmal standen da drei Namen auf einer Seite. Einmal wurden gar Zahlen davor geschrieben. Gewonnen hat damals übrigens der hier.
Wen ich die Seiten heute lese, erkenne ich mich darin kaum mehr. Ich bin gewiss keine abgestumpfte, emotionslose und biedere Trulla. Und die Angst vor dem Älterwerden hält sich so dermassen in Grenzen, dass ich geradezu als manisch jung durchgehen könnte. Und dennoch. So bitz fehlt mir die Zeit eben schon. Und das Rad, um die ebensolche zurückzudrehen wird wohl erst erfunden sein, wenn ich die Crèmes für die reife Haut ab 80+ schon lange nicht mehr brauche. Jänu, geilen wir die Zeit eben auf. Jetzt.

4. Juli 2012

Im Paradies sein.

Die Vergangenheit scheint es auf mich abgesehen zu haben. Da war gerade wieder eine dieser Erinnerungen. Ich war wohl 15. Er auch. Und er war ein Wildfang. Schlagzeuger in einer Band. Das Schlagzeug war sein ein und alles. Und es stand direkt am Kopfende seines Bettes. Da waren übrigens auch noch süsse kleine Abziehbilder am Bett, aber die durften die erwähnt werden.
Jedenfalls war dieses Schlagzeug sowas wie die Zigarette danach. Die davor auch. Nur dazwischen konnte er amigs die Finger davon lassen. War das ein Spass. Meine grosse Liebe spielte mich unbekleidet und mit Schweissperlen auf der Stirn in die Paradiesstadt. Das war schampar romantisch und von Biederkeit keine Spur. Irgendwann mochte ich den Axl nicht mehr und flugs war es aus.
Am nächsten Kopfende stand dann eine Bonsai. Und heute nicht mal mehr das.